1.2.1 Geschichtliche Entwicklung #
Erst nach der Aufhebung der Klöster im Jahre 1841 und nach der Gründung des Bundesstaates im Jahre 1848 entwickelte sich im Kanton Aargau das frühere ausgeprägte Staatskirchentum (Vorherrschaft des Staates über die Kirche) nach und nach zu einem partnerschaftlichen Verhältnis zwischen Kirche und Staat.
Durch eine Teilrevision der Staatsverfassung erhielten die Kirchgemeinden 1863 das Recht, ihre Pfarrer selber zu wählen. Die aargauische Verfassung vom 23. April 1885 erwies sich dann – nach den jahrzehntelangen, harten und schmerzlichen Auseinandersetzungen – als eigentliches Friedenswerk. Der Staat anerkannte die drei christlichen Religionsgemeinschaften als öffentlich-rechtliche Körperschaften, die sich nach demokratischen Grundsätzen als Landeskirchen organisierten. Die Katholiken wählten im Dezember 1885 als gesetzgebende Behörde ihre Synode, die am 10. Februar 1886 im Grossratssaal erstmals zusammentrat. Als Exekutivorgan wurde der Synodalrat (heute Kirchenrat) gewählt.
Die Geschichte der Römisch-Katholischen Kirche im Kanton Aargau nach 1885 und wie sie heute funktioniert wird in der Broschüre “Vielfältiges Engagement unter einem Dach” weiter ausgeführt.
1.2.2 Öffentlich-Rechtliche Anerkennung von Religionsgemeinschaften #
Gemäss Art. 109, Abs. 1 der Verfassung des Kantons Aargau vom 25. Juni 1980 anerkennt der Aargau die Römisch-Katholische, die Evangelisch-Reformierte und die Christ-Katholische Kirche als öffentlich-rechtliche Körperschaften. Mit der öffentlich-rechtlichen Anerkennung bringt der Staat zum Ausdruck, dass Religionsgemeinschaften wegen ihrer Arbeit im Dienst der Gesellschaft, namentlich wegen ihrer karitativen und kulturellen Tätigkeit und ihrer breit vertretenen Wertordnung für den Staat von besonderer Wichtigkeit sind. Sie sollen deshalb in ihrer Rechtsform besser gestellt sein als die privatrechtlichen Körperschaften, besser als beispielsweise ein Verein, eine Stiftung, eine Genossenschaft oder eine Aktiengesellschaft.
Mit der öffentlich-rechtlichen Anerkennung überträgt der Staat der anerkannten Religionsgemeinschaft bestimmte Rechte und Pflichten. Im Kanton Aargau ist das die Befugnis, von den Konfessionsangehörigen Steuern zu beziehen, in den öffentlichen Schulen konfessionellen Religionsunterricht zu erteilen, von Amtsstellen bestimmte Daten zu erhalten, in Spitälern und in Gefängnissen Seelsorgedienste anzubieten usw.
Andererseits übernehmen die anerkannten Religionsgemeinschaften unter anderem die Pflicht, ein Organisationsstatut zu erlassen und dieses dem Grossen Rat zur Genehmigung vorzulegen, die Pfarrer beziehungsweise die Gemeindeleitung durch die Konfessionsangehörigen wählen zu lassen, die Verwendung der Steuermittel offen auszuweisen, für die Konfessionsangehörigen und für die Kirchgemeinden einen genügenden Rechtsschutz sicherzustellen.